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Rollen zählen – Frauen zählen advanced

Rollen zählen – Frauen zählen advanced published on 6 Kommentare zu Rollen zählen – Frauen zählen advanced

Alien-Spitzwegerich

(Ich rede in diesem Text viel von Frauen und Männern. Mir ist bewusst, dass Geschlecht sozial konstruiert ist, und ich meine, wenn ich die Begriffe „Mann“ und „Frau“, „männlich“ und „weiblich“ im Text verwende, stets diese soziale, kulturell geprägte Lesart. Auch ist mir bewusst, dass Geschlecht eher einem Kontinuum als binären Kategorien entspricht.)

Gerade habe ich die Glotze ausgemacht. Und ich bin sauer. Denn ich habe wieder einmal Frauen gezählt .

Naja, ich bin ja selbst Schuld: Seit einiger Zeit schon zähle ich Frauen. In Führungsetagen, in Filmen, bei Events , in Talkrunden, in Musikbands, auf Wahllisten. Ich zähle Frauen, um einen Eindruck zu gewinnen: Wie sehr haben sich die Menschen bemüht, diese simpelste Dimension von Diversität zu honorieren? Wenn sich in einer Diskussionsrunde unter sieben Männern nur eine Frau befindet, ruft das bei mir Stirnrunzeln hervor. Sind weibliche Lebensrealitäten (Plural!) hier nicht von Interesse, oder gar unerwünscht? Wurden Frauen einfach vergessen? Oder haben die Produzenten einfach nur ihre Dudebros gefragt, statt ernsthaft nach Expert*innen zu suchen?

Es ist unbestreitbar: Repräsentation ist wichtig! Gibt es keine Frauen in Führungsetagen, sendet das die Botschaft aus: Frauen sind hier nicht willkommen. Gibt es keine tragenden weiblichen Rollen in einem Film, sagt das: Die Geschichten von Frauen verdienen es nicht, erzählt zu werden. Gibt es nur eine weibliche Rolle, sagt das: Hey schau, wir haben sie doch drin – die Frau. Die eine. Die, die wie alle Frauen ist. Gleich. Immer gleich.

Aber zurück zu heute Abend. Ich habe die Sendung „ Der Haushalts-Check mit Yvonne Willicks – Waschen“ gesehen. Nach der Tagesschau bin ich daran hängen geblieben, und naja, es ist mir so passiert. Nach kurzer Zeit des Frauenzählens wurde ich allerdings misstrauisch: Da waren so viele Frauen! Fast nur Frauen! Eine Frau führt durch die Sendung, Frauen werden auf der Straße befragt, zu Hause besucht. Eine längere Szene betrachtete ein ganzes Dorf, und man sah hier – Frauen! Frauen über Frauen! Insgesamt zwei Männer konnte ich ausmachen, sie standen verschämt am Rand der Gruppe von geschätzt 40 Frauen auf der Dorfwiese.

Auffällig war aber auch: Immer, wenn es darum ging, Profis zu bestimmten Themen zu Wort kommen zu lassen, war von Frauen plötzlich nicht mehr die Spur. Die Frauenquote brach ein und landete nach Befragung von insgesamt 4 Experten bei: 0%. Da werden mehrere Dutzend Frauen zum Wäschewaschen befragt, aber die, deren Meinung Gewicht hat, an die wir uns hinterher erinnern – sind männliche Experten.

Das Phänomen Expertenmann

Die Gleichung „Profi / Expert*in in Frauendingen = Mann“ ist bedauerlicher Weise weit verbreitet. Da stylen im Frühstücksfernsehen Expertenmänner Frauen um , die einfach nicht wissen, wie sie sich vorteilhaft schminken sollen. Expertenmänner zeigen Models, wie sie sich sexy auf dem Laufsteg bewegen , auch auf unmenschlich hohen Schuhen . Expertenmänner bewerten Geschmack und Stil von Frauen . Denn sie wissen es ja besser, denn ihr Geschmack ist unfehlbar. Männer schneiden Frauen die Haare , besser, als sie es selbst je könnten.

Eingedampft sendet dies in etwa folgende Botschaft aus: Eine Frau, die nur ihr Leben lebt, sich anzieht, vielleicht schminkt, vielleicht nicht, die eventuell den Haushalt macht, egal, ob sie noch einen anderen Beruf hat oder nicht, naja, die ist halt einfach kein Profi! Die hat dieses Frau-sein ja nicht irgendwo professionell gelernt! Also, da sollte mal ein Mann kommen und ihr zeigen, wie das richtig geht!

Männer, Experten in allen Dingen. Und Frauen, Expertinnen für nichts.

Rollen zählen

Womit ich wieder beim Wäsche waschen wäre. Denn hier stoße ich mit einfachem „Frauen zählen“ auf ein Problem: Würde ich einfach nur Frauen zählen, ungeachtet der Rolle, in der sie präsentiert werden (sic!), müsste ich zu dem Schluss kommen, dass Frauen hier doch recht passabel wegkommen: Es werden eine Menge Frauen gezeigt. Sicher, jede nur kurz, aber da!

In komplexen Settings, gerade in Film und TV, in denen nicht jeder auftretenden Person eine ähnlich starke Rolle zuteil wird, sondern in denen hierarchische Gefälle dargestellt werden, lohnt es, genau hinzuschauen. Wenn beispielsweise Expert*innen mit ahnungslosen Personen kontrastiert werden, ist es sinnvoll, statt Frauen Rollen zu zählen . Und das geht so: Statt nur die Häufigkeit von Frauen zu betrachten, wird auch die Rolle hinzugenommen, in der sie auftreten. Das kann auf einfachem Niveau geschehen: Wie viele Frauen tauchen auf, die Fragen stellen, ohne je eine zu beantworten? Wie viele Frauen werden als Expert*innen gezeigt? Wie viele in Gebieten, die nicht stereotyp weiblich konnotiert sind?

Diese zusätzliche Dimension deckt Stereotype auf, wo sich Formate einen progressiven Anstrich geben wollen, aber nicht aus ihrem eigenen Vorurteilssumpf herausschauen können. Und weiter nur Stereotype reproduzieren, anstatt Rollenklischees aufzubrechen.

Aber Vorsicht: Es gibt keinen Weg zurück. Wer mit dem Rollen zählen begonnen hat, blickt in den Abgrund. Und muss vielleicht feststellen, dass für manche Menschen bis heute unvorstellbar ist, dass eine weibliche Expertin etwas Erhellendes zum Thema Waschen beitragen kann.

Unsere Lesevorsätze

Unsere Lesevorsätze published on Keine Kommentare zu Unsere Lesevorsätze

Vielleicht habt ihr es schon gesehen: Seit einigen Monaten geistert durch die Blogwelt ein Stöckchen (Hach! Wie früher!), in dem die Befragten auflisten sollen, welche Bücher sie in diesem Jahr dringend lesen wollen. Das Team von kleinerdrei.org hat uns schon vor einiger Zeit beworfen und ihr bekommt nun hier passend zur Urlaubszeit unsere Lesevorsätze.

Wir werfen das Stöckchen hiermit weiter und hoffen auf Bearbeitung durch: Wurzelfrau , Dr. Indie , Frau Griesgram , Dani , und Distel .

Weird

[Achtung: Spoilerwarnung für „Game of Thrones“, Staffel 4/Folge 3]

Song of Ice and Fire Ich hadere schon seit einer ganzen Weile mit mir, ob ich A Song of Ice and Fire lesen soll – eigentlich seit ich vor über zwei Jahren die ersten Folgen der Serie „Game of Thrones“ gesehen habe. Um mich herum fingen Leute an, die Bücher zu lesen und ich wollte eigentlich auch schneller wissen, wie es weiter geht. Und mehr über die Welt wissen. Und überhaupt. Allerdings bewegte ich mich während der Serie zwischen Faszination und Schrecken, da die Darstellung der Brutalität und der sexualisierten Gewalt deutlich über das hinausgehen, was ich mir normalerweise in Filmen und Serien zumute. Ich gehöre da leider zu denen, denen solche Szenen lange nachhängen. Bohrende Fragen an die bücherlesenden, ob die Bücher schlimmer oder weniger schlimm seien, brachten mich lange nicht weiter, da die Aussagen unterschiedlich waren und es niemand für mich einschätzen konnte. Kurz bevor wir dieses Stöckchen zugeworfen bekamen, fiel dann die Entscheidung: Es begann mit der Debatte, die um Cersei und Jaime in Staffel 4 / Folge 3 entbrannte. Ich hatte die Folge noch nicht gesehen, folgte entgegen meines normalen Verhaltens (keine Spoiler lesen!) einem Link und steckte mitten drin. Und ich hatte keine Lust, mir die Folge anzusehen. Ich wollte mir einfach nicht schon wieder eine Vergewaltigung angucken müssen und meine bereits vorhandene Wut über die ständige Darstellung von (sexualisierter) Gewalt wurde weiter angestachelt von Berichten darüber, wie sehr die Serie in dieser Hinsicht von den Büchern abweicht. Ich rang noch eine Weile mit mir, ob ich die Folge angucken, die Serie weitergucken wollte – ich wollte schließlich wissen, wie es weitergeht. Was mit Tyrion passiert. Mit Arya. Mit allen anderen irgendwie lieb gewonnenen Charakteren – oder zumindest Charakteren, die Interesse und Faszination geweckt hatten, denn „lieb gewonnen“ ist für mich hier ein bisschen die falsche Bezeichnung. Wieder überlegte ich, ob ich es nicht doch einfach mit den Büchern probieren sollte – und entschied mich dafür.

Inzwischen haben wir so lange für dieses Stöckchen gebraucht, dass ich bereits im zweiten Drittel des zweiten Bandes bin (danke für die Lesezeit, Erkältung! ;-p). Vielleicht vertrage ich mehr als früher. Vielleicht hat mich die Serie abgehärtet, oder es hilft, dass ich das, was bisher passierte, alles schon aus der Serie kannte. Jedenfalls habe ich bisher keinerlei Probleme damit, die Bücher zu lesen – und es ist so angenehm, nicht wie in der Serie in jeder zweiten Szene nackte Frauen aufgedrückt zu bekommen.

Wildfang

Neben Bücherlesen ist mir Musik sehr wichtig. Ich mag vor allem Metal und gelegentlich auch Punk. Seit Jahren kommt mir in diesem Zusammenhang immer mal wieder die Riot-Grrrls-Bewegung unter, leider ohne, dass ich mich näher damit beschäftigt hätte. Vor etwa einem Jahr sah ich dann bei Weird im Bücherregal dieses Buch hier:

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Das Interesse war sofort geweckt, aber es ging wie so oft: Es kam was dazwischen, andere Projekte waren gerade wichtiger… und der Lesevorsatz versackte wieder. Als neulich eine Freundin zu Besuch war und sich zum Abschied von Weird mit feministischer Basisliteratur ausstatten ließ, fiel mir das Buch wieder ein – und jetzt liegt es vor mir. Für mich die perfekte Sommerlektüre.

Ich bin schon sehr gespannt, was da auf mich zukommt und ob ich vielleicht sogar ein paar neue Lieblingsbands entdecke.

Tugendfurie

Ich habe seit letztem Sommer an meiner Abschlußarbeit gesessen und in dieser Zeit sehr wenig privat gelesen. Eigentlich bin ich wirklich eine Leseratte, aber mit täglicher Lektüre im Netz und vor allem all den Fachtexten für meine Masterarbeit war ich total ausgelastet. Derzeit erobere ich mir das Lesen langsam aber sicher als Hobby zurück und arbeite mich durch meine ungelesenen Bücher.

Seit vielen vielen Jahren habe ich Kein Gott in Susedgrad auf meiner Wunschliste stehen. Ich bin Halbkroatin, aber mit wahnsinnig wenig Wissen über den kroatischen Teil meiner Herkunft ausgestattet. Als Literaturwissenschaftlerin will ich mir das Land schon lange literarisch erschließen und halte diese Kurzgeschichtensammlung junger kroatischer Autor*innen für eine gute Möglichkeit.
Ansonsten habe ich mir noch Beautiful You – A Daily Guide to Radical Self-Acceptance von Rosie Molinary vorgenommen. Das Konzept eines „Actionplans“ zu Körperakzeptanz, Selbstliebe und Empowerment hat mich neugierig gemacht.

Bones

Ich habe mir als Sommerlektüre ein Sachbuch, einen Roman und ein Comic herausgesucht:

Bodies of Subversion – A secret History of Women and Tattoo by Margot Mifflin
Das Buch wurde bereits 1997 zum ersten Mal veröffentlicht und 2013 noch einmal neu aufgelegt. Margot Mifflin hat damit die erste kulturgeschichtliche Abhandlung westlicher Tattoo-Kunst an, für und von Frauen vorgelegt, ausgehend vom 19. Jahrhundert bis in die Gegenwart. Die Leserin erwarten nicht nur zahlreiche Fotos und Geschichten tätowierter Frauen sowie von Tätowiererinnen (z.B. Kat von D, um nur die berühmteste zu nennen) – es wird auch näher beleuchtet, aus welchen Gründen sich speziell Frauen tätowieren lassen. So gibt es Brustkrebs-Überlebende, die mit den Hautbildern kunstvoll ihre Mastektomie-Narben überdecken lassen; viele Frauen nutzen Tätowierungen therapeutisch, um zu feiern oder sich zu erinnern, dass sie einengende oder bedrohliche Situationen (z.B. häusliche Gewalt oder Gefängnis) hinter sich gelassen haben. Viele Frauen drücken in ihren Tätowierungen oder ihrer Tattoo-Kunst ihre eigenwillige Identität aus. Ich bin gespannt, ob mich das Buch dazu inspirieren wird, mir noch ein paar Bilder stechen zu lassen.

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Hinterer Bogen des Oseberg-Schiffes, CC: Skadinaujo, Quelle: Wikimedia Commons

The Far Traveler: Voyages of a Viking Woman
Isländische Sagas erzählen, dass bereits 500 Jahre vor Columbus eine wikingische Frau namens Gudrid zu den Ufern der neuen Welt segelte, dort drei Jahre lebte und sogar ein Kind gebar, bevor sie wieder in ihre Heimat zurückkehrte. Anhand der neuesten archäologischen Erkenntnisse über die Wikinger_innen in Island und Neufundland rekonstruiert Nancy Marie Brown die Geschichte einer Frau, die Pionierarbeit leistete, indem sie bis an die Grenzen der damals bekannten Welt reiste, und die Gesellschaft, aus der sie kam.

Da ich mich schon lange für die Kultur der Wikinger_innen interessiere, aber leider meistens nur Informationen über männliche Reisende gefunden habe, erwarte ich mir von diesem Buch neue Erkenntnisse und Anregungen – oder wenigstens einen spannenden Historienroman mit einer abenteuerlustigen Protagonistin.

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Batwoman
Es ist schon ziemlich lange her, dass ich mein letztes Batman-Comic in der Hand hatte – doch jetzt gibt es mit Batwoman die erste lesbische Superheldin in einer Comic-Serie, was ich mir keineswegs entgehen lassen darf. Leider sind LGBT-Charaktere immer noch rar.

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