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Unser Ticket für Brasilien

Unser Ticket für Brasilien published on Keine Kommentare zu Unser Ticket für Brasilien

Das ist ein Artikel von Oecan. Auf Twitter findet ihr ihn unter @oecan_ , wo er unter anderem zu Feminismus und Umweltthemen postet. Er ist gelernte Linguste mit einer Schwäche für Rechtschreibung.

Am 12. Juni beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft der Männer in Brasilien. Sie ist im Land umstritten. Viele Brasilianer*innen freuen sich darauf, aber es gab und gibt auch starke Proteste . Das Land hat die sechstgrößte Wirtschaft der Welt, doch die Unterschiede zwischen Armen und Reichen sind groß. Die Protestierenden sind der Meinung, dass die Milliarden Euro, die für den Bau von Stadien ausgegeben werden, besser in die Bildungs- und Gesundheitssysteme des Landes investiert gewesen wären . Diese Systeme benachteiligen arme Menschen, die sich private Vorsorge und Privatschulen nicht leisten können.

Mir persönlich war die WM lange gleichgültig bis unsympathisch. Von den Protesten in Brasilien habe ich zunächst wenig mitbekommen. Ich hatte einfach keine Lust auf patriotisches Gejubel und Schwarz-Rot-Gold. Seit der WM 2006 in Deutschland, bei der das ausgelassene Fahnenschwingen wieder üblich wurde, hatten wir eine ganze Menge davon in den letzten Jahren, und ich bin es leid. Die Europawahl hat deutlich gezeigt, dass der Nationalismus in Europa stärker wird, und mir sind Rufe wie „Schland, Schland“ oder „Allez les Bleu“ verdächtig.

fussball

Trotzdem: Ich mag Fußball. Ich schaue es gern. Ich mag es auch, mich mit einer Mannschaft zu identifizieren und mitzufiebern. Es muss auch nicht immer die deutsche sein. Und so entwickle ich doch allmählich eine gewisse Vorfreude. Es ist lange nicht genug, um nach Brasilien zu fahren und dort dabeizusein, aber ich bin ziemlich sicher, dass ich mir einige (viele ;-)) Spiele im Fernsehen ansehen werde.

Und hier hatten TQ und ich eine Idee. Auch wir kaufen uns Tickets für Brasilien! Wie die Fans, die zum Spiel ins Stadion gehen. Aber im Unterschied zu den FIFA-Tickets, von deren Einnahmen die Brasilianer*innen wenig haben, wollen wir versuchen, unser Geld den Menschen in Brasilien zugutekommen zu lassen, die es am dringendsten brauchen. Es ist der Versuch, einen Ausgleich zu schaffen dafür, dass nicht sie, sondern wir von der Ausrichtung der WM im Land profitieren. Zum Beispiel wurde in der Hauptstadt Brasilia ein großes Stadion gebaut, das nach der WM leerstehen wird, weil es dort keine Erst- oder Zweitligamannschaften gibt. Andere Arenen, gerade erst modernisiert, wurden aufgrund von FIFA-Auflagen erneut umgebaut. Eine U-Bahn ist in einem reichen Viertel von Rio de Janeiro entstanden, während der Nahverkehr aus den armen Vororten überlastet ist.

Wir sind uns bewusst, dass Spenden aus der Ferne problematisch sind und übergriffig und von oben herab wirken können. Wir haben daher nach Organisationen gesucht, die in Brasilien arbeiten, um das Leben armer Menschen dort zu verbessern. Gefunden haben wir diese beiden Organisationen:

Brazil Foundation

Monte Azul Brasilien

Wollt ihr auch ein Ticket für Brasilien? Das ist großartig! Und sehr einfach: Bitte spendet einen Betrag, den ihr für ein Fußballticket für angemessen haltet, oder den ihr euch leisten könnt. Was ein WM-Ticket wirklich kostet, ist gar nicht so leicht rauszukriegen, aber 50 Euro für eine Spende ist unser Vorschlag für Menschen, die sich das leisten können, und entsprechend weniger für die, die die gute Sache unterstützen wollen, obwohl sie nicht so viel geben können.

Anschließend könnt ihr euch den „Ticket für Brasilien“-Sticker herunterladen und selbst einbauen:

Banner zum selbst einbauen.
Sticker zum selbst einbauen.
Icon "Unser Ticket für Brasilien"
Das PNG als Overlay für den Avatar.

Oder ihr könnt ihn hier automatisch eurem Twitter- oder Facebook-Avatar hinzufügen lassen .

Und wenn euch jemand danach fragt, was das bedeutet, verlinkt einfach hierher. Dankeschön, und viel Spaß bei der WM :-))

Besserer Umgang mit Hate Speech – Ideen zur Abwendung des Feminist Burnout

Besserer Umgang mit Hate Speech – Ideen zur Abwendung des Feminist Burnout published on 3 Kommentare zu Besserer Umgang mit Hate Speech – Ideen zur Abwendung des Feminist Burnout

Dieser Text ist die Nachbereitung meiner Session auf dem Barcamp Frauen 2013 letzten Samstag in Berlin. Danke an alle Teilnehmer*innen – eure Ergänzungen sind hier eingeflossen. Ich kann hier leider nicht alles Gesagte ganz detailiert aufschreiben, da manche Strategien besser im geschützten Raum weitergegeben und nicht veröffentlicht werden.
Ganz herzlichen Dank an @AranJaeger fürs Probelesen und Ergänzen.

Wer schon mal etwas zu Feminismus oder Anti-Rassismus o.ä. auf irgendeine Plattform im Internet geschrieben hat, lernt meistens sehr schnell Hasskommentare kennen. Bedrohungen und Beschimpfungen im Netz sind genauso real wie auf der Straße. Sie treffen dich 24 Stunden am Tag, unerwartet und auf unterschiedlichen Kanälen. Sie ziehen Energie von deinen eigentlichen Projekten ab, treffen dich persönlich und ziehen dich runter. Ziel solcher Hasskommentare ist immer, die angesprochene Person zu verunsichern und im besten Fall zum Schweigen zu bringen. Sich frei im Internet zu bewegen, wenn dort Menschen lauern, die dir etwas Schlechtes wollen, ist nicht mehr möglich. Hasskommentare beeinflussen dein Schreiben und dein Denken.

Zudem werden sie oft vom Umfeld (besonders dem „Offline-Umfeld“) nicht ernst genommen. Die Situation zu beschreiben wird derzeit zusätzlich dadurch erschwert, dass die Mittel der Maskulist*innen immer perfider werden. Mittlerweile werden auch detailliert ausgearbeitete Fake-Identitäten dazu benutzt, die Bedrohungen von Feminist*innen und die Hetzjagden auf sie zu verstärken.

Das Ziel der Bedrohenden ist, uns zum Schweigen zu bringen. Wenn wir uns das nicht gefallen lassen wollen, muss jede*r von uns den für sie*ihn richtigen Weg gehen, mit so wenig Schaden wie möglich aus der Sache raus zu kommen bzw. den Aktivismus weiter betreiben zu können. Wichtig ist, dass es natürlich nicht den einen richtigen Weg gibt. Ein Burnout ist immer ein zu großes Opfer und schadet nicht nur dir, sondern auch deinem Anliegen.

Hate Speech ist unsichtbar und wie mein Vortrag auf der Open Mind im Sommer gezeigt hat, ist den Bedrohenden auch viel daran gelegen, dass dies so bleibt. Um aber etwas gegen den Hass unternehmen zu können, ist es wichtig, dass Nicht-Betroffene verstehen, um was es geht und man ihnen einen Einblick ermöglicht. Es hat sich hier bewährt, nicht auf der entsprechenden Plattform selbst (oder im Netz an sich) als Betroffene mit denjenigen zu diskutieren, die dich beleidigen.

Es erscheint mir sinnvoll, erst zu schauen, welche Verbündete wir haben oder um welche wir uns bemühen sollten. Davon ausgehend gehe ich dann auf Strategien ein, die sich bereits bewährt haben oder sinnvolle Ansatzpunkte sein könnten.

  • Betroffene: Am leichtesten vernetzt es sich mit den Menschen, die selbst betroffen sind. Sie haben gleiche/ähnliche Erfahrungen gemacht wie du, können dich deshalb am leichtesten verstehen und können ggf. Tipps geben.
  • persönliches Umfeld: Vertraute Menschen, die bereit sind, dich in den Arm zu nehmen, mit dir zu telefonieren, dir Herzen zu schicken oder dich zu verteidigen, sind unwahrscheinlich wichtig. Sie geben dir Halt und Schutz. Ein Umfeld, das nur Energie zieht, weil es dir vermeintlich gute Ratschläge gibt, dich aber nur mehr belastet, weil es dich nicht verstehen kann, ist wenig hilfreich bis schädlich. (Bei sich selbst als Feminist Allys darstellenden Menschen musst du mitunter vorsichtig sein. Verlass dich da lieber auf dein eigenes Gefühl – aus persönlichen Erfahrungen kann ich eine gute Portion gesundes Misstrauen empfehlen.)
  • Technikmenschen: Wenn wir etwas gegen Bedrohungen im Internet tun wollen, ist es immer günstig, Leute zu kennen, die die Zeit, die Bereitschaft und vor allem das Know-How haben, dich mit technischen Mittel zu unterstützen. Auf Twitter und in der Blogosphäre treiben sich meistens genug Menschen herum, die auf dem Feld behilflich sein können.
  • Journalist*innen / Gegenöffentlichkeit: Um mehr Leute als nur deine eigene Twitter-Timeline auf das Problem aufmerksam zu machen, ist es günstig, Menschen mit Einfluss auf die Öffentlichkeit zu kennen. Das können Blogger*innen genauso sein wie Journalist*innen.
  • Jurist*innen: Gute Anwält*innen, die dich beraten und ggf. aktiv unterstützen, sind ein wichtiges Backup für den Ernstfall. Zudem gibt es den deutschen Juristinnenbund (DJB), der sich dem Thema Hate Speech bereits angenommen hat und sicherlich weiterhin Jurist*innen mit dem Thema vertraut machen und dadurch was bewegen kann.
  • Politiker*innen: Um nachhaltige Veränderungen zu schaffen, müssen wir Politiker*innen auf uns und unsere Anliegen aufmerksam machen. Das ist teilweise schon geschehen, auf der Konferenz der Gleichstellungsbeauftragten wurde in diesem Jahr über Sexismus und die Verantwortung der Politik gesprochen.

1. politische Lösungen:

  • Hate Speech zu einem Straftatbestand zu machen, ist wenig sinnvoll. Inhaltlich ist das zu schwammig, um nicht später viel mehr gegen uns selbst verwendet zu werden. Wir würden uns ins eigene Fleisch schneiden. Sich hingegen anzuschauen, wo in bestehender Gesetzgebung nachgebessert werden muss, kann zu Erfolg führen. Strafverfolgung von Beleidigung ist schwierig und was juristisch als Beleidigung gilt, ist nicht mehr zeitgemäß – hier lässt sich was machen.
  • Twitter oder Facebook sind für Jurist*innen noch Neuland. Hier müsste einmal ausgearbeitet werden, wie mit Bedrohung auf entsprechenden Plattformen umgegangen werden muss, welche Straftatbestände wirklich vorliegen usw.

2. technische Lösungen:

  • Plattformen zur Veröffentlichung von Screenshots/Links usw. tragen zur Sichtbarmachung des Problems bei. Hier gibt es beispielsweise schon Hatr.org oder private Tumblr-Blogs, die das Ausmaß des Hasses gut darstellen.
  • Meldebuttons und Blockfunktionen muss es auf allen Plattformen geben, sie sollen so eingerichtet sein, dass sie so wenig missbraucht werden können wie möglich und natürlich sollen sie auch Konsequenzen haben (was wieder in den Bereich juristische Lösungen fällt).
  • Teilbare Blocklisten (in Planung: Brickr ) sind immer wieder im Gespräch und werden nun hoffentlich bald möglich sein. Ich kann so vorsorglich Leute blocken, die schon Freund*innen von mir bedroht haben und muss nicht erst warten, bis sie mir auch noch gefährlich werden. Zudem machen sie Blockempfehlungen in Form von Tweets weitestgehend überflüssig, welche auch immer wieder Anknüpfungspunkte für Shitstorms gegen die Opfer von Bedrohungen sind.
  • Auf Twitter gibt es die Möglichkeit, sich in geschützte Accounts zurückzuziehen. Viele haben mittlerweile private Zweitaccounts angelegt, um dort Absprachen zu treffen und eben alles zu schreiben, was im öffentlichen Account gleich von Hatern aufgegriffen werden würde. Wenn der Shitstorm gerade besonders schlimm ist, lässt sich natürlich auch der normale Hauptaccount temporär schützen. Auch auf anderen Plattformen gibt es Privatsphäreeinstellungen, die es sinnvoll ist zu kennen, damit nicht immer alles für alle lesbar ist.

3. Self Care:

  • Self Care deckt natürlich keine Missstände auf, aber ist unheimlich wichtig, um weitermachen zu können und sich dabei selbst nicht zu verlieren. Self Care vergessen viele von uns gerne mal, schieben sie auf der To Do-Liste ganz nach hinten und bekommen dafür leider viel zu schnell die Quittung. Hab ich ausprobiert, kann ich dringend von abraten!
  • In erster Linie meint Self Care die Aufrechterhaltung des eigenen Lebens – genug essen, genug trinken, genug schlafen, genug frische Luft und Bewegung. Es sind die einfachsten Dinge, die schnell vergessen werden, die aber die Grundlage bilden, überhaupt gesund zu bleiben und weitermachen zu können.
  • Bewusste Pausen machen und sich erholen ist wichtig. Spazierengehen, Hobbys aufrecht erhalten und nicht 24/7 kämpfen, sondern lieber auch mal Aufgaben abgeben.
  • Nicht alles lesen, was über dich geschrieben wird! Für einige ist es das einzige Mittel, das zumindest wage Gefühl von Kontrolle zu haben, wenn sie sich den Hass gegen sie durchlesen. Hier ist es aber gut, irgendwann einen Schlussstrich zu ziehen und sich nicht selbst fertig zu machen. Abgrenzen ist wichtig.
  • Nutze die Blockfunktion auf den Plattformen, auf denen das möglich ist und rechtfertige dich nicht dafür. Dein Account/Blog – deine Regeln!
  • Sprich über das, was dir passiert und bleibe nicht alleine mit deiner Angst und den Bedrohungen. Tue dies aber nicht unbedingt dadurch, dass du anderen ungefiltert den Hass gegen dich in die Timeline retweetest o.ä. Andere dadurch zu triggern, ist nicht der solidarischste Weg (verlinken und eine Triggerwarnung davorsetzen ist da als Alternative denkbar). Sprich vor allem auch außerhalb des Netzes mit Menschen, die genau wie du Aktivist*innen sind, pflege die Netzwerke. Hole dir auch unbeteiligte Freund*innen dazu, die nicht im Fokus der Aufmerksamkeit stehen und so ggf. mehr aushalten können als die, die auch eigene Baustellen zu bearbeiten haben.

4. Bildet Banden!

  • Solidarität und Vernetzung sind zwei sehr wichtige Punkte. Leute, die dir zur Seite stehen können und sich auch mal öffentlich auf deine Seite stellen, können gute Stützen sein. (Leute, die unabgesprochen und übergriffig für dich sprechen, sind keine Stützen!) Auch um Kontakte zu Journalist*innen, Politiker*innen oder Anwält*innen weiterzugeben, ist Vernetzung nötig.
  • Es gibt bereits Foren, die zur Vernetzung dienen und kleinere private Kreise, die sich per Mailinglisten oder E-Mail-Verteiler verständigen. Wie bei Gewalt auf der Straße kann es hilfreich sein, hier Leute direkt anzusprechen – am besten schaffst du dir da einen Kreis, bei dem du weißt, dass es okay ist, direkt um Hilfe zu bitten.
  • Da auch auf Blogs viele Hasskommentare hinterlassen werden, kann es sinnvoll sein, nicht selbst oder nicht nur selbst Kommentare freizuschalten, sondern die Arbeit an Vertraute oder bei Teamblogs auf die Gruppe zu delegieren. Hass, der gegen andere gerichtet ist, lässt sich leichter ertragen und löschen als der, der gegen dich selbst geht.
  • Es lassen sich auch Vereine gründen, die Anlaufstellen für Opfer von Hate Speech sind oder die die Möglichkeit geben, der Impressumspflicht nachzukommen, indem man eine alternative ladungsfähige Adresse als die eigene angeben kann. Adressen „leihen“ kannst du manchmal auch bei schon bestehenden Vereinen/Gruppen oder Privatpersonen.

Lieber Maskutroll: Vielen Dank für deinen Kommentar!

Lieber Maskutroll: Vielen Dank für deinen Kommentar! published on 1 Kommentar zu Lieber Maskutroll: Vielen Dank für deinen Kommentar!

Lieber Masku, lieber Troll, lieber Dunkeltroll . Du bist hierher verlinkt worden, weil du einen Kommentar verfasst hast, den der*die Adressat*in nicht beantworten will. Statt dessen hat sie*er sich entschieden, dich wissen zu lassen, wie er*sie deinen Kommentar verstanden hat. Und vielleicht bietet dir die Lesart ja auch Ansätze zur Introspektion. Wer weiß?

Du hast geschrieben: „Du musst nur mal durchgevögelt werden.“

Was ich verstanden habe: „Ich bin selbst sexuell frustriert, weil ich gerade verlassen wurde, meine sexuellen Vorlieben nicht so genau kenne oder einfach einsam bin. Daher halte ich den Geschlechtsakt für einen magischen Prozess und hoffe auf transformatorische Effekte.“

Du hast geschrieben: „Du bist hässlich.“

Was ich verstanden habe: „Ich fühle mich unter Frauen generell recht unsicher und flüchte mich daher in Bewertungen nach Standards, die ich selbst nicht so genau verstanden habe.“

Du hast geschrieben: „Du bist fett!“

Was ich verstanden habe: „Ich bin ob meines Erscheinubgsbildes unsicher und habe daher sehr stark die hierzulande geltenden Normen für Attraktivität verinnerlicht. Leider hat mir das nicht geholfen, so dass ich dazu übergegangen bin, mich auf eine einzige Dimension zu fixieren, das Gewicht.“

Du hast geschrieben: „Du bist eine Extremistin!“

Was ich verstanden habe: „Ich bin leider nicht dazu in der Lage, zu verstehen, dass andere Menschen mit anderen Problemen kämpfen müssen als ich. Ich bin generell nicht sehr empathisch und kann leider auch nur schwer theoretischen Ausführungen folgen.“

Du hast geschrieben: „Ihr Feminazis hasst Männer!“

Was ich verstanden habe: „Ich habe deine Position nicht verstanden oder kann sie leider nicht verstehen, da ich kognitiv eingeschränkt, emotional festgefahren oder auf meine Sicht der Dinge fixiert bin. Entschuldigung.“

Du hast geschrieben: „Ihr Feministinnen seid doch alles Lesben!“

Was ich verstanden habe: „Ich verstehe nicht, wieso manche Menschen sich eher zu Frauen oder eher zu Männern hingezogen fühlen, und es verunsichert mich, dass auch ich homosexuelle Tendenzen haben könnte. Das kann ich nicht akzeptieren. Daher denke ich, es ist für dich sicher eine Beleidigung, dich als homosexuell zu bezeichnen. Ich hoffe, damit meine heterosexuelle Ausrichtung zu festigen.“

Du hast geschrieben: „Du willst doch nur Aufmerksamkeit.“

Was ich verstanden habe: „Ich bin neidisch, weil du witzige und geistreiche Texte im Internet schreibst und dafür geliebt wirst. Ich versuche das auch, es klappt aber nur so lala. Bitte beachte doch du mich und schenkte mir deine Aufmerksamkeit, damit ich mich wichtiger fühlen kann, ja?“

Du hast geschrieben: „Penis! Penis! Schwanz!“

Was ich verstanden habe: „Ich besitze die emotionale Reife und sexuelle Erfahrung eines Kleinkindes. Hihihi, Penis!“

Du schriebst: „Du bist eine Schlampe / Hure / Fotze.“

Was ich verstanden habe: „Ich habe leider noch nicht verstanden, dass Menschen generell unterschiedliche Meinungen haben können, die auf unterschiedlichen Erfahrungen beruhen. Daher verunsichern mich andere Meinungen und ich versuche, die Integrität meines Gegenübers zu untergraben. Dazu stehen mir aber leider nur zweisilbige Schimpfwörter zur Verfügung.“

Du hast geschrieben: „Du bist Teil der Weltverschwörung [XY].“

Was ich verstanden habe: „Diese Welt ist für mich zu komplex, ich verstehe sie nicht, und das macht mir Angst. Daher halte ich mich an einem imaginären System fest, dass die Welt für mich strukturieren soll und mir hilft, mich nicht immer so verwirrt zu fühlen.“

Du hast geschrieben: „Stirb doch einfach.“

Was ich verstanden habe: „Ich habe Angst vor meiner Vergänglichkeit, davor, spurlos ausgelöscht zu werden. Daher kämpfe ich so verbittert um deine Aufmerksamkeit, in der Hoffnung, irgendwie die Leere in mir zu füllen.“

Du hast geschrieben: „Ich bring dich um!“

Was ich verstanden habe: „Im Internet fühle ich mich anonym und damit sicher. Da fällt es mir sehr leicht, Drohungen auszusprechen, und ich hoffe, dass ich dir nie begegne oder enttarnt werde. Das würde mir Angst machen und ich wüsste nicht, wie ich mich verhalten soll.“

Du hast geschrieben: „Wichtiges, scheinbar neues Argument [XY]!“

Was ich verstanden habe: „Schau, ich beschäftige mich mit Feminismus. Nicht genug, um eine Suchmaschine zu verwenden und zu recherchieren, aber naja – eben mit den mir gegebenen Mitteln.“

Protipp: Willkommen im Diskurs. Sehr viel wurde schon diskutiert. Schau mal bei feminismus101.de rein.

Gebrauchsanleitung: Dies ist der automatische Anpöbelbeantworter. Bist du Opfer eines Dunkeltroll s geworden? Hat dich jemand auf widerliche Art beleidigt oder bedroht? Gerne kannst du den Anregungen des Artikels von Anatol Stefanowitsch folgen und ihm*ihr Grenzen stereotyp aufzeigen. Wir möchten dir aber noch eine andere Möglichkeit bieten: Die, ihm*ihr stereotyp den immer gleichen Link zu posten und dich dafür zu entscheiden, die Beleidigung des Trolls nicht als Aussage zu dir , sondern als Selbstaussage über ihn zu lesen.

Verlinken, Schultern zucken, weitergehen.

„Jetzt stehen wir hier und jetzt ist dieses Ding passiert – krass!“ – #GOA13 für den #Aufschrei

„Jetzt stehen wir hier und jetzt ist dieses Ding passiert – krass!“ – #GOA13 für den #Aufschrei published on 4 Kommentare zu „Jetzt stehen wir hier und jetzt ist dieses Ding passiert – krass!“ – #GOA13 für den #Aufschrei

Irgendwann im April kam diese E-Mail von Anne , die mich kreidebleich werden ließ: Der #Aufschrei sei für den Grimme Online Award nominiert und Nicole , Anne und ich sollten als Initiatorinnen zur Pressekonferenz und später zur Preisverleihung gehen. Mich hat das nachhaltig aufgerüttelt. Nicht, weil ich mir dringend eine Trophäe ins Regal stellen oder eine Urkunde an die Wand nageln wollte, sondern weil das alles plötzlich so real und anerkannt wurde. Da sind Menschen, die genau wie wir, die Wichtigkeit des #Aufschrei erkannt haben und das würdigen wollen.

Kathy hat in den letzten Wochen öfter das Thomas-Thomas-Theorem zitiert: „If men define situations as real, they are real in their consequences“ und dieser Satz geht mir seitdem nicht mehr aus dem Kopf. „Men“ meint in diesem Fall (hoffentlich?) „Menschen“, aber natürlich kann man sie auch einfach als „Männer“ ins Deutsche übersetzen und gerade wenn man den #Aufschrei betrachtet, scheint das immer noch die Sicht der Gesellschaft zu sein. Tausende Frauen sprechen teils zum ersten Mal aus, was ihnen passiert ist und weiterhin passiert. Statt dies hinzunehmen, wird an der Glaubwürdigkeit der Betroffenen gezweifelt und vom Thema abgelenkt – oft von Männern oder anderen Menschen, die das Glück haben, ein sichereres Leben zu führen: Der #Aufschrei sei erfunden. Die Menschen hinter den Tweets gebe es gar nicht. Es seien Accounts aus dem Boden gestampft und Follower*innen gekauft worden, damit die Sache glaubwürdiger erscheine. Es handle sich um eine breit angelegte Medienkampagne voller Lügen. Das alles passiere ja nur in diesem Neuland und habe in der Realität nichts bewegt.

Und was ist nun geschehen? Der #Aufschrei hat einen Grimme Online Award gewonnen. Nicht nur wir drei, sondern alle, die sich konstruktiv beteiligt haben. Der erste männliche Preispate des Abends, Jan Hofer, sprach für uns die Begründung der Jury und übergab den Preis. Wenn „Mr. Tagesschau“ auf einer Bühne steht und sagt, dass der #Aufschrei real und wichtig ist, dann ist das so. Der #Aufschrei hat aber gezeigt, dass hinter den Zahlen und Daten, die es zu Sexismus und sexualisierter Gewalt in Deutschland und der Welt schon lange gibt, echte Geschichten stehen. Das Problem Sexismus hat nun nicht nur ein Gesicht bekommen, sondern viele und wurde dadurch zugänglicher bzw. nachvollziehbarer.

Deswegen ist es letztlich auch so wichtig, dass wir alle uns unsere Urkunden an die Wand nageln . Wir sprechen in Deutschland nun über Seximus – nicht immer so differenziert wie es möglich wäre, aber wir sprechen drüber und wir können daran arbeiten, die Debatte weiter zu führen, zu vertiefen und als Gesellschaft Lösungen zu finden. Nicht nur unter Betroffenen, sondern gesamtgesellschaftlich. Das ist wichtig und richtig so. Und manchmal braucht es eben einen Mann mit Tagesschaustimme, um das deutlich zu machen – auch uns selbst.
Natürlich wird es immer Leute geben, die sich von ihrer These vom Untergang des Abendlandes nicht abbringen lassen, die weiter herumpöbeln, dass der #Aufschrei keinen Preis verdient habe, die Debatte überzogen sei und auf der Bühne nur ein paar Frauen in blöden Klamotten herumgestanden haben. Aber das ist egal. Was passiert ist, kann uns niemand nehmen. „Die Kritik und die Anfeindungen beinträchtigen die Relevanz der Debatte nicht“, hieß es im Einspieler der Preisverleihung.

Ich gratuliere uns allen <3

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